Ursache


Als Ursache bezeichne ich ein Sache, der ich eine Wirkung, die sich in einer Veränderung zeigt, zurechne, indem ich sie in einer Weil-Formulierung verwende. Die damit bezeichnete Verknüpfung nenne ich Kausalität.
Beispiel:
A, weil B. Dann ist B die Ursache – was in sehr vielen Fällen problematisch ist.
Er ist gestorben, weil er Gift zu sich genommen hat. Das Gift, oder genauer, dass er es zu sich genommen hat, ist die Ursache.
Quasietymologisch bezeichnet Ur-Sache eine Sache, der nichts vorangeht. Ich beobachte hier – wie oft – die Sprache, beginne also damit, wie ich das Wort verwende. Ich beginne mit „weil“-Aussagen.
Man kann verschiedene Verwendungen von „weil“, verschieden paraphrasieren (von Glasersfeld:115ff):
• die Aussage A ist durch B – logisch – gerechtfertigt. Es ist eine Kausalbeziehung des syllogistischen oder definitorischen Typs. So erkläre ich mir, dass A sagt, was er sagt.
Beispiel:
„Hans ist Junggeselle, weil er nicht verheiratet ist“. Das ist keine Erklärung. Es wird auch keine Veränderung beschrieben und die zeitlich Abfolge fehlt.
• B verursacht A verwendet „weil“ in einer Kausalbeziehung des Wirkens und kann so als verursachen paraphrasiert werden.
Die Strasse ist nass, weil es regnet.
Diese Erklärung beruht nicht auf einem Syllogismus oder einer Definition, auf kumulierte Erfahrung und induktives Schliessen, also auf einer naturwissenschaftlichen Hypothese.
• B damit A. A ist dabei eine erwünschte Veränderung, von der man meint, dass B sie erzeuge. A bezeichnet dann die Wirkursache, während B die erwartete Wirkung benennt.
E. von Glasersfeld räumt ein, dass die sprachliche Praxis viel komplizierter ist, weil man sehr oft nur kontextabhängig sehen kann, welcher der Fälle gemeint ist. Ich kann essen mit der Wirkursache Hunger oder mit der Zweckursache Lust.
Er hat aber auch eigenartige Vorstellungen zu Erklärung und blendet die Tätigkeit aus.
Ich unterscheide die Verwendung von weil mit anderen Kategorien: Weil kündigt entweder eine Erklärung oder ein Erklärungsprinzip an.
• In A weil B dient B als Erklärung, wenn damit ein Mechanismus als Ursache bezeichnet wird.
Beispiel:
Warum öffnet sich bei Herons Tempel die Tür?
Weil der Priester ein Feuer anzündet, respektive weil dieses Feuer eine unterirdische Dampfmaschine heizt, die mit der Türe verbunden ist.
• In A weil B dient B als Erklärungsprinzip, wenn damit eine Kraft bezeichnet wird.
Beispiel:
Wenn ich die Schwerkraft als Ursache für fallende Gegenstände bezeichne, erkläre ich nichts, ich führe lediglich eine Sprechweise ein. Schwerkraft sagt ja genau, dass Gegenstände fallen.
Ich müsste dann eine Ursache für die Schwerkraft angeben. Wenn ich das nicht mache, verwende ich die Schwerkraft als Erklärungsprinzip. (G. Bateson)
Begriffliche Konfusionen:
Man sagt gemeinhin: Aristoteles unterscheide vier Arten von „Ursachen“. Aristoteles bezieht sich mit seinen „Ursachen“ (die nebenbei erst in der lateinischen Übersetzung zu Ursachen wurden), auf das Wissen über bestimmte Sachverhalte, also darauf, wie wir auf (warum-)Fragen antworten, nicht auf Sachverhalte (E. von Glasersfeld übersetzt deshalb adäquater mit „Prinzipien“ (Wege des Wissens:115ff).
Aristoteles unterscheidet materiale und formale Ursache. Seine Beispiel zeigen, dass er nicht versteht, wovon er damit spricht, weil er das Herstellen als Tätigkeit nicht kennt. Er bezeichnet die Prämissen eines Syllogismus als „materiale“ Ursache für die Konklusion. Sein Beispiel aber ist: „Das ist eine Bronzestatue, weil sie aus Bronze besteht.“
Das Materiale ist das, was bleibt, das was geformt wird. Die Statue gibt es nur, weil es Material gibt.
Das Formale ist die Form. Die Form gibt es nur, weil Material geformt wird. Aristoteles kennt – wie später etwa B. Russell – Material ohne Form, was ich noch nie gesehen habe. Die dingliche Einheit (einer Statue) beruht auf derer Form, die das Material noch nicht habe. Es gibt die Statue nur, weil es Formen gibt.
Als Herstellen bezeichne ich das Formen von Material. Die Ursache von Artefakten ist das Herstellen. Die Statue gibt es nur, weil sie hergestellt wurde.
Eine grosse Konfusion besteht darin, dass Erklärungen und Ursachen verwechselt werden. H. von Förster und G. Bateson problematisieren den Effekt dieser Verwechslung, indem sie die Verwechslung selbst reproduzieren:
G. Bateson schreibt: Erklärungen beruhen auf Tautologien. Sein Beispiel (das auch H. von Foerster verwendet) ist die einschläfernde Wirkung von Opium, mit welcher der Prüfungskandiat in Molieres Le malade imaginaire begründet, das Opium einschläfernd wirkt. (Geist und Natur:108).
H. von Foerster schreibt: „Erklärungen sind semantische Verbindungen von Beschreibungen“ (Wie wir uns erfinden:222).
Beide sprechen über Ursachen, sagen stattdessen aber Erklärung. Ursachen sind diskurvise Verhältnisse, in welchen zwei Sachen mit einer weil-Formulierung verknüpft werden. Erklärungen sind etwas ganz anderes.
Natürlich sind die beiden mit ihrer Konfusion nicht allein:
„Er isst und er ist hungrig beschreiben ein und dieselbe Tatsache. (…) Die Gewohnheit, eine Feststellung durch eine andere zu erklären, ist insofern gefährlich, als sie den Eindruck erweckt, dass wir der Ursache auf die Spur gekommen sind und deshalb nicht weiter zu suchen brauchen.“ (B. Skinner: Wissenschaft und menschliches Verhalten)

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